Konkret 11/98, S. 38
gruppe demontage
Low intensity warfare
Am
1.1.1994 trat die Nordamerikanische Freihandelszone NAFTA in Kraft. Am selben
Tag erklärte in Chiapas die Guerilla EZLN Mexikos Regierung den Krieg
Befreiungsbewegungen
haben zwei Möglichkeiten, auf die postfordistische Reorganisation des
Weltmarktes und den Wegfall des RGW zu reagieren: Sie können sich für das
Mitkonkurrieren entscheiden, für das gegenseitige Unterbieten in den
Ausbeutungsbedingungen. Sie können aber auch von der fordistischen Illusion
Abstand nehmen, daß mit der Eroberung des Staatsapparates der Kapitalismus
überhaupt abgeschafft oder dessen Macht über zentrale Apparate gebändigt werden
könne, und statt dessen die Selbstorganisierung der Ausgebeuteten voranbringen.
Letzteres
versucht das Zapatistische Heer zur nationalen Befreiung (EZLN). Am Neujahrstag
1994 nahm die EZLN vier Kreisstädte in Chiapas ein und erklärte der
mexikanischen Armee den Krieg. Als die Armee, die den Aufstand niederschlagen
sollte, mit der Bombardierung von Dörfern Proteste in ganz Mexiko auslöste,
mußte der damalige Präsident Salinas von der PRI nach zwölf Tagen einen
einseitigen Waffenstillstand erklären, der trotz mehrfacher Unterbrechungen
durch Akte der »low intensity warfare« (Kriegsführung niedriger Intensität)
offiziell bis heute gilt.
Die
PRI wollte den Aufstand in Chiapas isolieren, weil sie Revolten auch in anderen
Landesteilen fürchtete: 75 Prozent der Armen Mexikos leben auf dem Land, sechs
von zehn Kleinbauern verdienen weniger als den Mindestlohn von drei Dollar
täglich. Von 96 Millionen Mexikanern sind 40 Prozent damit beschäftigt,
notdürftig zu überleben. Etwa 15 Millionen leben in informellen
Arbeitsverhältnissen, weitere 22 Millionen in extremer Armut, davon 11
Millionen auf dem Land in indigenen* Gruppen. 58 Prozent der Kinder leiden an
armutsbedingten Krankheiten. 100.000 Kinder sterben jährlich an den Folgen von
Unterernährung.
Die
seit Februar 1994 zwischen PRI-Regierung und EZLN geführten Verhandlungen
stagnieren, weil die neoliberale Regierung an sozialem Ausgleich kein Interesse
hat. Das im Januar 1996 unterzeichnete erste Abkommen von San Andres über
»Rechte und indigene Kultur«, das den indigenen Gemeinden Autonomie und
Selbstverwaltungsrechte versprach, wurde von der Regierung nicht eingehalten.
Im August 1996 brach die EZLN nach einer Befragung in ihren Gemeinden deshalb
die Gespräche ab.
Im
März 1998 legte die Regierung ein Gesetz vor, in dem von Autonomie keine Rede
mehr war, und von April bis Juni räumte die Armee mehrere der von der
pro-zapatistischen Bevölkerung nach dem Abkommen von San Andres gegründeten 32
»autonomen Landkreise«. Die EZLN-Vertreterin Gloria Benavides erklärte dazu im
Juli 1998: »Die autonomen Gemeinden sind eine politische Form, die in der Praxis
zapatistische Prinzipien präsentiert, insbesondere die direkte Demokratie.« Die
Gemeinden weigern sich, Steuern an die Regierung zu zahlen oder Hilfe von ihr
anzunehmen. Sie wollen ihre eigenen Einrichtungen für Bildung, Gesundheit,
Soziales und Rechtsprechung aufbauen, fordern Mitbestimmung über die großen
Plantagen und die in den 80er Jahren in Chiapas entdeckten Erdölquellen.
Antirassistischer
Kampf und Landfrage
Unter
dem Motto »Nie mehr ein Mexiko ohne uns« fordert die EZLN ein Ende der rassistischen
Ausgrenzung der indigenen Gruppen. Die Regierung wiederum akzeptiert die
Indigenas nur als kulturalistisch vermarktbare Tourismusobjekte. Die
Entwicklung des mexikanischen Zentralstaates basierte von Beginn an auf einer
sozialen sowie rassistischen Ausgrenzung der als Indigenas ethnisisierten
kleinbäuerlichen Bevölkerung, die mehrheitlich in den von extremer Armut
geprägten südlichen Bundesstaaten wie Chiapas lebt.
Der
Umbau Mexikos zum deregulierten postfordistischen Staat ohne Wohlfahrtseinrichtungen
bringt weitere Verschlechterungen. Das bisher kommunal verwaltete Ejido-Land
wird zur Privatisierung freigegeben. Die wegen der NAFTA zunehmenden Importe
aus den Agrarindustrien Mexikos und der USA nehmen den Indigenas die letzte
Möglichkeit, ein paar Pesos mit dem Verkauf von Mais und Bohnen in der nächsten
Kreisstadt zu verdienen. Die meisten Jugendlichen - 60 Prozent der Bevölkerung
von Chiapas sind jünger als 20 Jahre - können deshalb nicht mehr von der
Landwirtschaft leben.
Der
Historiker Antonio Garcia de León beschreibt die Basis der EZLN so: »Heute
besteht die zapatistische Armee vornehmlich aus diesen Leuten: Jung und
marginalisiert, modern, mehrsprachig und teilweise mit Lohnarbeitserfahrung.
Ihr Profil hat wenig mit dem Bild des abgeschiedenen Indio zu tun, das wir uns
von Mexiko-Stadt aus machen.« Im Windschatten der EZLN besetzten bis Juni 1994
Tausende Campesinos 50.000 Hektar Land. Bis Anfang 1995 kamen nochmals mehrere
10.000 Hektar dazu.
Dabei
stieß die EZLN als Schutzmacht jedoch bald an ihre Grenzen. Im April 1995 etwa
ließen aus Deutschland eingewanderte Kaffeebarone ihre beiden Kaffeeplantagen
Liquidambar und Prusia im Soconusco, die zusammen mehrere tausend Hektar groß
sind, durch Militär und Weiße Garden gewaltsam räumen. Im Rahmen solcher
Einsätze wurden seit 1995 hunderte Kleinbauern ermordet.
Revolutionäre
Frauengesetze: der Aufstand vor dem Aufstand
Die
lange politische und militärische Vorbereitung des Aufstandes ermöglichte eine
breit angelegte Verständigung der EZLN mit kleinbäuerlichen Organisationen der
indigenen Dörfer. Anfang 1993 wurde über die zukünftigen revolutionären Gesetze
beratschlagt. Ende Januar 1994 hatten sich 200 Dorfgemeinden und
Kleinbauernorganisationen zum Dachverband CEOIC zusammengefunden und dabei auf
die EZLN als Befreiungsarmee bezogen.
Nach
langen Diskussionen in den Dörfern setzten in der EZLN organisierte Frauen
Gesetze zur Gleichberechtigung durch: »Wir wollen uns nicht zwingen lassen,
einen zu heiraten, den wir nicht mögen. Wir wollen das Recht, Posten in der
Gemeinde zu besetzen. Wir wollen das Recht, unsere Meinung zu sagen und daß sie
respektiert wird. Wir wollen das Recht haben, zu lernen und sogar Kraftfahrerin
zu werden.«
Wie
die Kommandantin Ana Maria haben sich deshalb viele Frauen entschieden, in die
EZLN zu gehen, »weil sie in den Dorfgemeinschaften weder politische Rechte
haben, noch ein Recht auf Ausbildung; sie werden mißhandelt, sind Ausgebeutete,
und die Ausbeutung, die der Mann erleidet, erleidet die Frau viel mehr, weil
sie viel marginalisierter ist«. Anders als in den Dörfern erledigen in den
gemischten Guerillaeinheiten auch die Männer die Hausarbeit.
Ende
97 wurden in Acteal 45 Frauen und Kinder, die zu der in Opposition zur PRI
stehenden Gruppe »Las Abejas« (die Bienen) gehörten, von einer
paramilitärischen Einheit abgeschlachtet. Die frauendominierte Organisation war
mit ihrer Kritik an den patriarchalen Dorfchefstrukturen zu einer
unerträglichen Provokation geworden.
Kaziken
und Klassen
Die
Kaziken leben als Indigenas in den Gemeinden und kontrollieren insbesondere den
Handel. Der Zugang zu den Universitäten, zum Lehrerberuf und zur Bürokratie hat
in ihnen eine neue Klasse »priviligierter Indios« hervorgebracht. Kaziken
stellen die Ortsgruppenvorsitzenden von Parteien, in den meisten Fällen die der
Staatspartei PRI. Sie haben Kontrolle über staatliche Hilfsgelder, vermitteln
Kredite und gewähren persönliche »Gefälligkeiten«. Sie versuchen, jede
unkontrollierte Organisierung der unteren Klassen zu verhindern - notfalls in
Zusammenarbeit mit irregulären, vom Staat geförderten Paramilitärs.
Nach
der zapatistischen Erhebung von 1994 hat sich dies teilweise verändert. Denn
die aus den Dörfern zuvor von den Kaziken verjagten oppositionellen Kleinbauern
beziehen sich zum großen Teil auf die EZLN. Mit der bewaffneten Gegenmacht im
Rücken erhielten ihre Forderungen nun mehr Nachdruck. Unmittelbar nach dem
Aufstandsbeginn flüchteten viele Kaziken aus dem zapatistischen
Operationsgebiet. In die meisten Dörfern sind sie jedoch inzwischen
zurückgekehrt, da das Militär den zapatistischen Einfluß zurückdrängen konnte.
Seit
dem Beginn des Aufstandes hat die Repression der Regierung mindestens 1.500
Menschen das Leben gekostet, die inoffiziellen Morde durch die Weißen Garden der
PRI und Großgrundbesitzer nicht mitge-zählt. Die Armee baut seit 1995 mit
US-amerikanischer Unterstützung weitere verdeckte paramilitärische Gruppen auf.
Die Armee macht es sich dabei zunutze, daß es in den Dörfern nicht genügend
Arbeitsmöglichkeiten für Jugendliche gibt. Wer von den Agrarbehörden abgewiesen
wird und keine andere Möglichkeit zum Arbeiten hat, dem bieten die
paramilitärischen Gruppen eine Aufstiegsmöglichkeit - wenn er sich gegen die
EZLN entscheidet. So wird die Konkurrenz um Land und Posten in den Dörfern von
der Armee benutzt, um Konflikte zu schüren und die »zivile« dörfliche Basis der
EZLN zu terrorisieren.
Neoliberalismus-Debatte
Seit
Mitte 1992 kursiert ein EZLN-Text mit dem Titel »Chiapas. Der Südosten in zwei
Winden, einem Sturm und einer Prophezeiung«. Darin heißt es, »der Tribut, den
der Kapitalismus von Chiapas fordert, findet in der Geschichte keinen
Vergleich. 55 Prozent der in Mexiko verbrauchten hydroelektrischen Energie
stammen aus diesem Bundesstaat ..., doch nur ein Drittel der chiapanekischen
Haushalte verfügt über elektrisches Licht. Die Eisenbahnlinie folgt ... nicht
den Bedürfnissen der chiapanekischen Bevölkerung, sondern denjenigen der
kapitalistischen Plünderung.«
Die
EZLN kritisierte in diesem Text nicht nur die aktuelle neoliberale
kapitalistische Entwicklung in Mexiko, sondern auch deren frühere,
protektionistische Variante. In den neueren Texten der EZLN ist dagegen meist
nur noch von Neoliberalismus die Rede. Der Begriff Neoliberalismus trifft zwar
die kapitalistische Realität, legt aber nahe, daß ein besserer Kapitalismus
möglich wäre.
Einige
Texte der EZLN fallen durch antisemitische Stereotypen auf. In ihnen findet
sich eine verkürzte Kapitalismuskritik, die der Unterscheidung in ehrliches
Industrie- und gieriges Finanzkapital folgt, einem ähnlichen Schema wie dem der
Nazis vom schaffenden und raffenden Kapital. Wenn dem Finanzkapital dann auch
noch Heimatlosigkeit vorgeworfen wird, ist es nicht mehr weit bis zum Bild vom
kosmopolitischen jüdischen Finanzkapital. Subcomandante Marcos: »Ein neuer
Weltkrieg wird heute erlitten. Es ist ein Krieg gegen alle Völker, gegen die
Menschen, die Kultur, die Geschichte. Es ist ein Krieg, der von einer Handvoll
heimatloser und schamloser Finanzzentren angeführt wird.«
In
einem Brief an einen »ehrlichen mexikanischen Unternehmer« schrieb Marcos: »Der
Neoliberalismus trifft nicht nur die Ärmsten, sondern verdrängte auch wichtige
Sektoren der mexikanischen Unternehmer ... Die mörderische Gewinnsucht wird in
der Sprache der Wirtschaftstheorie >Neoliberalismus< genannt.« Die
Unterscheidung zwischen gewinnsüchtigen und ehrlichen Unternehmern mag dem
Versuch geschuldet sein, ein breites Bündnis gegen das Militär zu organisieren.
In Wirklichkeit ist der Unterschied zwischen den »ehrlichen« und den
»gewinnsüchtigen« der zwischen den in Konkurrenz zum US-Kapital erfolgreichen
und den erfolglosen. Wer Pleite macht, ist nicht deshalb weniger »mörderisch«.
Der
positive Bezug auf die Nation läßt die Ausbeutungsverhältnisse und Klassenwidersprüche
in einer imaginären Einheit aufgehen. Im Juli 1998 erklärte Marcos, daß er
nationale Souveränität mit staatlicher Lenkung der Ökonomie gleichsetze. An der
PRI, die schon 1982 vom staatlich gelenkten auf einen deregulierten Kapitalismus
umgeschwenkt war, kritisiert Marcos, daß die »Regierungen seit 1982 eine
eigentliche Vernichtungskampagne gegen die Grundlagen der staatlichen
Souveränität geführt« hätten. Der positive Bezug auf die Nation speist sich aus
dem Protest gegen die rassistische Ausgrenzung und dem Hinweis, daß die Nation
Mexiko das Indigene als identitätsstiftende Tradition brauche. Anstatt soziale
Rechte einzufordern, wird mit »Verwurzelung« als typischer Zutat
nationalistischer Sinnstiftung hantiert.
Dem
ideologischen Bezug der EZLN auf die Nation steht jedoch die Praxis in ihren
Einflußgebieten entgegen. Dort werden die sozialen Kämpfe keiner nationalen
Formierung untergeordnet. Im Gegenteil: Die EZLN unterstützt die örtlichen
Gegenstrukturen, anstatt selbst die lokale und zentralstaatliche Macht
übernehmen zu wollen. Bei der Forderung nach Autonomie für die indigenen Dörfer
und Gemeinschaften geht es ihr weniger um das Selbstbestimmungsrecht eines
Volkes als um ein Ende von rassistischer und sozialer Entrechtung. Die EZLN bedient
sich keiner Volks-Rhetorik, durch die als anders definierte Ethnien oder
Kulturen ausgegrenzt werden.
Zivilgesellschaftliche
Defensive
Die
EZLN richtet ihre Appelle zur Zusammenarbeit meist an die sogenannte nationale
und internationale Zivilgesellschaft. Sie versteht darunter alle sozialen
Kräfte, die nicht unmittelbar dem Staatsapparat oder der Armee angehören. Der
Begriff Zivilgesellschaft kommt aus Europa und steht bei der reformistischen
Linken für einen Kapitalismus mit sozialstaatlicher Abfederung.
Anhänger
eines solchen Kapitalismus ist erklärtermaßen auch der Gründer der
sozialdemokratischen PRI), Cárdenas. Seit die Staatspartei PRI seinen Wahlsieg
im Juli 1997 duldete, ist er Bürgermeister von Mexiko-Stadt. Um ihre Isolation
zu durchbrechen und eine Großoffensive des Militärs zu verhindern, setzt die
EZLN auf Leute wie ihn, die seit kurzem auch im Bundesparlament Einfluß haben.
Im
Juli 98 veröffentlichte die EZLN die »V Erklärung aus dem lakandonischen
Urwald«. In dieser setzt sie ihre Hoffnung auf Gesetzesinitiativen aus dem
Bundesparlament, in dem die PRI seit den Wahlen 1997 keine Mehrheit mehr hat.
Die Einführung der Nordamerikanischen Freihandelszone hat nämlich auch zu einer
politischen Deregulierung der jahrzehntelangen PRI-Demokratur geführt. Bis 1997
waren Wahlniederlagen der PRI einfach nicht zugelassen. In der »V. Erklärung«
ruft die EZLN deshalb zu einer landesweiten Befragung der Mexikaner auf. Sie
will damit Zustimmung für die COCOPA, eine Kommission des Bundesparlaments,
organisieren, die einen Gesetzesvorschlag zur Umsetzung des bisher von der
PRI-Regierung blockierten Autonomieabkommens von San Andrés vorgelegt hat.
Das
Angebot an Teile des mexikanischen Parlaments ist offensichtlich ein Zeichen
der Schwäche. Die zivile und legale Organisation der EZLN, die FZLN, die den
mexikoweiten Aufbau einer »Zivilgesellschaft« unterstützen soll, schrumpft.
Eine Sprecherin erklärte im August: »Statt zu einem Fokus der Opposition ist
die FZLN zu einem weiteren Organismus in der zersplitterten
Oppositionslandschaft geworden. Es gibt noch immer Solidaritätsinitiativen.
Doch ihre Mobilisierungsfähigkeit hat stark abgenommen, denn viele Menschen
haben mittlerweile resigniert.«
Die
große Oppositionspartei PRD regiert seit einem Jahr die Hauptstadt, viele
Funktionäre oppositioneller Gruppen haben jetzt Posten beim Staat, das
Interesse an der EZLN geht zurück. Deshalb sucht die EZLN jetzt Halt bei
ethnisierten Gruppen, die sie in ihrer »V. Erklärung« zum ersten Mal alle
namentlich aufzählt, obwohl einige von ihnen weniger soziale Einheiten als
völkerkundliche Erfindungen sind.
Es
wäre dennoch ein Fehler, die EZLN nur nach ihren blumigen Erklärungen oder
ihrer Bündnispolitik zu beurteilen. Ihre programmatische Entwicklung ist aber
offener, als dies vor einem Jahr schien. Die Initiative für eine Befragung zum
COCOPA-Gesetzesvorschlag der Parlamentskommission sieht in ihrer Orientierung
auf das Parlament wie ein verzweifelter Versuch aus, die zunehmende Isolation
und Einschnürung durch Armee und PRI-Regierung zu durchbrechen. Vieles hängt
davon ab, ob es der gegen die staatliche und wirtschaftliche Deregulierung
kämpfenden städtischen Linken und der gegen die komplette Abkoppelung und
Marginalisierung kämpfenden EZLN gelingt, eine gemeinsame Initiative jenseits
von Parlamentarismus und kulturalistischer Lobbypolitik zu entwickeln.
* indigena oder Indigene: Eigenbezeichnung und/oder
Zuschreibung für Menschen, die in ethnisierte Gruppen eingeordnet werden. Seit
der Eroberung Amerikas ist dies die Grundlage für eine beständig reproduzierte
rassistische Hierarchie: Indigenas werden mit angeblicher
Rückständigkeit oder Ursprünglichkeit gleichgesetzt. Als Kleinbauern pflegen
sie teilweise Traditionen aus der Zeit vor der spanischen Invasion sowie aus
der Kolonialzeit, sprechen regionale Sprachen und kein spanisch und werden in
vielen Bereichen sozio-ökonomisch ausgegrenzt. Im Gegensatz zu den alten
rassistischen Bezeichnungen Indio oder Indianer wird indigen teilweise
auch als Eigenbezeichnung verwendet. Viele als indigene Völker/Ethnien bezeichnete
Kleinbauern lehnen ethnisierte Grenzziehungen jedoch ab und sehen sich selbst
als soziale Gruppe: Die mayasprachigen Kleinbauern in Yukatan bezeichnen sich
als otzilmakob (= kleine Leute) und heben sich damit von der
mayasprachigen Mittelschicht ab. Maya ist somit in Yukatan die abwertende
Fremdbezeichnung für die mayasprachige Unterklasse (vgl. Gabbert in: Das
andere Mexiko, Gießen, 1997).